Typografische Schönheitsfehler und Tipps

Eine typografisch gut durchgestaltete Seite ist eine Augenweide und animiert zum Lesen. Was aber haben Hurenkinder, Witwen und Schusterjungen damit zu tun?

Hurenkind und Schusterjunge

Hurenkind und Schusterjunge sind in der Typografie zwei unterschiedliche, aber verwandte Typen von Satzfehlern, die den Leserhythmus stören und unästhetisch sind. Und das sind sie:

Hurenkind (Witwe)
Die letzte Zeile eines Absatzes steht am Anfang einer neuen Seite oder Spalte.

Schusterjunge (Waise)
Die erste Zeile eines Absatzes steht am Ende einer Seite oder Spalte.

Merksprüche zur Unterscheidung
„Ein Hurenkind weiß nicht, wo es herkommt, ein Schusterjunge nicht, wo er hingeht.“
„Ein Schusterjunge muss unten im Keller arbeiten, ein Hurenkind steht oben verloren auf der Straße.“

Hurenkinder gelten als schwere handwerkliche Fehler. Besonders störend sind sie, wenn sie auf die Rückseite des Blattes geraten. Dann nämlich beginnt der Seitentext dort mit einem völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Satzfragment. Der Kontext lässt sich nicht ohne Zurückblättern herstellen,   Lesefluss und Ästhetik des Satzspiegels werden stark beeinträchtigt.

Der Schusterjunge gilt gegenüber dem Hurenkind als weniger gravierender Fehler, da er zumindest in Leserichtung und am Seitenende liegt. Er fällt optisch nur dann besonders auf, wenn Absätze mit Einzug gesetzt werden.


Tipps für gute Typografie

Zeilenlänge und Lesbarkeit

Die Zeilenlänge ist entscheidend für einen angenehmen Lesefluss und eine gute Lesbarkeit. Sowohl zu lange als auch zu kurze Zeilen sind für Leser anstrengend und ermüdend.

Zu kurze Zeilen führen zu ungünstigen Worttrennungen. Bei zu langen Zeilen weiß man am Ende der Zeile nicht mehr, was am Zeilenanfang steht und findet so die Folgezeile schlechter. Für die deutsche Sprache garantieren 7 bis 12 Wörter oder etwa 50 bis 60 Buchstaben je Zeile eine gute Lesbarkeit.

Je Druckmedium und Spaltenanzahl gibt es Unterschiede: Bei Zeitungen, Magazinen und Broschüren werden meist mehrere Textspalten mit je 6 bis 10 Wörtern bzw. etwa 40 bis 50 Zeichen pro Zeile verwendet. In Büchern wird der Text gewöhnlich in einer Spalte gesetzt. Hier kann die Zeilenlänge etwas länger sein: inklusive Leerzeichen bis zu 80 Zeichen.

Zeilenabstand

Ein korrekter Zeilenabstand erhöht die Lesbarkeit und verbessert er das Erscheinungsbild des Textes. Der Zeilenabstand ergibt sich aus Schriftgrad und Durchschuss. Als Durchschuss bezeichnet man den freien Raum zwischen zwei Zeilen. Dieser beträgt üblicherweise ein Fünftel der Schriftgröße.

Beispiel für die Berechnung des Zeilenabstands bei einem Schriftgrad von 12 pt:
Zeilenabstand = 12pt + 1/5 x 12 pt = 14,5 pt.

Darüber hinaus gilt die Faustregel: Je länger die Zeile, desto größer sollte auch der Zeilenabstand sein.

Flattersatz vs. Blocksatz

Flattersatz bietet sich bei kürzeren Texten an. Er kann links, rechts oder mittig ausgerichtet werden.

Bei umfangreichen Fließtexten empfiehlt sich Blocksatz. Die Wortabstände werden hier gleichmäßig angepasst. Es ergibt sich ein insgesamt ausgeglichenes Schriftbild. Allerdings erfordert Blocksatz meist eine manuelle Nacharbeit, da einzelne Worte aufgrund eines langen nachfolgenden Wortes manchmal stark auseinandergezogen werden. Automatisch erzeugter und unkorrigierter Blocksatz ist in der Regel ein Graus!

Trennungen

Worttrennungen am Zeilenende sind oftmals unumgänglich. Sie stören den Lesefluss und sollten deshalb nicht zu oft hinteinander gesetzt werden.

Nicht getrennt werden sollten:

  • Überschriften
  • Zahlen und dazugehörige Wörter
  • Abkürzungen
  • Wörter über Seitengrenzen hinweg